Co-Creation von Industrial Design und Natur – die Neugestaltung des städtischen Raums

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Im Einklang mit dem Motto der MCBW 2024 – „How to Co-Create with Nature“ – und angesichts der Biodiversitätsstrategie der Stadt München haben wir bei HYVE zwei faszinierende Designkonzepte für die Zukunft Münchens entwickelt: eine Neuinterpretation des Stadtbrunnens und eine tierfreundliche, windenergetische Straßenbeleuchtung. Unsere Designer:innen wurden zu Futurolog:innen und integrierten naturinspirierte Lösungsansätze in die Gestaltung unserer Lebensräume unter Berücksichtigung aufkommender Trends, Zukunftsszenarien und spekulativem Design Thinking.

Unser Why: Warum ist der Artenschutz in München so wichtig?

München gilt als biologischer Hotspot. Schon 2018 schreibt die Süddeutsche Zeitung München einen tierparadiesischen Status mit Milliarden von Tieren zu. Kein Wunder, wenn man an die immer stärker genutzten landwirtschaftlichen Flächen denkt, die Tiere in der Stadt futterfündiger werden lässt, als auf dem umliegenden Ackerland. Zudem bietet die Stadt Schutz vor Raubtieren und viele Unterschlupfmöglichkeiten. Die zunehmende Urbanisierung und Versiegelung der Flächen bedroht allerdings diese Vielfalt und verstärkt die Bedrängnis der Stadttiere.

Unser How: Design with a future mindset

Die Gestaltung unserer Städte erfordert ein tieferes Verständnis der sich entwickelnden Trends und zukünftigen Herausforderungen. Durch Strategic Foresight können wir potenzielle Entwicklungen antizipieren und frühzeitig reagieren. Dabei spielen der Schutz der Biodiversität und die Integration natürlicher Systeme eine entscheidende Rolle. Städte der Zukunft müssen nicht nur effizient und nachhaltig sein, sondern auch harmonisch mit der umgebenden Natur interagieren. Die Notwendigkeit, Wohnraum zu schaffen, steht dabei im Konflikt mit dem Erhalt des Lebensraums für Tiere. Die Natur selbst bietet jedoch bewährte Lösungsansätze, die allen zugutekommen können. Ein Stadtbrunnen der Zukunft muss nicht nur ästhetisch ansprechend sein, sondern auch Mensch, Tieren und Insekten als Wasserversorgung dienen. Aus visuellen Spielereien wird ein funktionaler Versorgungsbrunnen.

Unsere Methode: Spekulatives Design Thinking

Spekulatives Design Thinking ermutigt zu einer explorativen Herangehensweise und dazu, über den Tellerrand hinauszuschauen und alternative Realitäten zu erforschen. Es fordert dazu auf, Annahmen in Frage zu stellen und sich von traditionellen Denkweisen zu lösen. Diese Methode konzentriert sich auf die Gestaltung von Lösungen für potenzielle zukünftige Szenarien. Indem sie sich mit möglichen Entwicklungen und Trends auseinandersetzt, hilft sie dabei, sich frühzeitig auf Veränderungen vorzubereiten und innovative Ideen zu generieren.

Spekulatives Design Thinking erlaubte es unseren Designer:innen, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen und abstrakte oder unkonventionelle Konzepte zu erkunden. Dies führte zu überraschenden und originellen Lösungen. Durch die Entwicklung von Zukunftsszenarien konnten potenzielle Herausforderungen und Probleme außerdem frühzeitig erkannt und adressiert werden.

Unser Outcome: ein Stadtbrunnen der Zukunft

Der neu gestaltete Stadtbrunnen der Zukunft soll also effektive Abkühlung für menschliche und tierische Bewohnende der Stadt München ermöglichen – und zwar dort wo sie durch starke Oberflächenversiegelung am dringendsten gebraucht wird. Durch die hohe Oberfläche des Brunnens wird der Effekt der Transpiration genutzt und ganz nach dem Vorbild der Bäume eine Art Low-Tech Klimaanlage geschaffen. Die vielen Stufen sammeln zudem Wasser in geringer Tiefe und sind somit leicht zugänglich für Tiere aller Art und Größe.

Grüne Korridore als Chance für Mensch und Tier in einer wachsenden Verdichtung

Die Gestaltung unserer Städte muss sich weiterentwickeln, um Mensch und Natur in Einklang zu bringen. Indem wir uns von naturinspirierten Designkonzepten leiten lassen und Strategic Foresight einbeziehen, können wir eine nachhaltigere und harmonischere Zukunft schaffen.

Bei einer zunehmenden Verdichtung und Ausbreitung der Stadt werden so genannte “grüne Korridore” für den biologischen Austausch immer wichtiger. Das sind Grünflächen, die wie grüne Bänder, Parks und andere vegetative Areale zu einem großen Netzwerk verbinden. Solche Korridore sind auch wichtige Windkanäle für eine sich verdichtende Stadt und bieten dabei auch die attraktive Chance für Radverkehr. Mit diesem symbiotischen und multifunktionalen Blickwinkel entstehen auch neue Anforderungen an geteilte Lebensräume.

Es werde Licht – aber bitte nur bei Bedarf

Intelligente Straßenbeleuchtungssysteme sind mit verschiedenen Sensoren ausgestattet, die Umgebungsdaten wie Helligkeit, Bewegung und Umgebungstemperatur erfassen können. Diese Sensoren ermöglichen es dem System, die Beleuchtung automatisch anzupassen, um den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln. Dabei spielt auch Konnektivität eine Rolle: die Straßenlampen sind oft vernetzt und können drahtlos miteinander kommunizieren. Dies ermöglicht eine zentralisierte Steuerung und Überwachung des gesamten Beleuchtungsnetzwerks. Basierend auf den von den Sensoren erfassten Daten kann die Beleuchtung individuell angepasst werden. Zum Beispiel kann die Beleuchtung auf stark frequentierten Straßen während der Nacht intensiver sein, während sie in weniger frequentierten Bereichen gedimmt wird, um Tieren ein sicheres Terrain zu bieten.

In unserem Konzept ist die adaptive, intelligente Straßenbeleuchtung in grünen Korridoren durch Wind angetrieben. Sie schaltet sich nur bei herannahenden Spaziergänger:innen oder Radfahrenden voll ein, und dimmt sich ansonsten herunter. Dies reduziert Lichtverschmutzung, nimmt besondere Rücksicht auf nachtaktive Tierarten und spart Energie.

Die Gestaltung unserer Städte muss sich weiterentwickeln, um Mensch und Natur in Einklang zu bringen. Indem wir uns von naturinspirierten Designkonzepten leiten lassen, können wir eine nachhaltigere und lebenswerte Zukunft schaffen.

Gemeinsam die Zukunft designen